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Digitalisierung und Veränderung (1) – Das Beste aus beiden Welten

Opetustilanne, mahdollisesti jokin ladontakurssi

Als schwarze Kunst hat man das Handwerk des Buchdrucks bezeichnet, mittels beweglicher Lettern und der schwarzen Druckfarbe Bücher zu erstellen. Der Buchdruck ist eine Welt des Optimierens materieller, wie ökonomischer Ressourcen, die eben knapp und teuer sind. Es ist eine Welt des optimierten Formats, deren inhaltlicher Rahmen notwendigerweise begrenzt ist. Sicherlich, man kann die Lettern verkleinern, so dass mehr Text auf eine Seite passt aber irgendwann geht’s nicht mehr. Ein schönes Beispiel ist das Gotteslob, das möglichst viel katholisches Liedgut in ein handliches Format bindet, das aber eben das Fassungsvermögen einer konventionellen Damenhandtasche auch nicht völlig sprengt.

Übertragen auf die digitale Welt des Desktop-Publishing gilt dies auch für die formalen Vorgaben des Standard Textverarbeitungsprogramms Microsoft Word. Das Programm klebt nach wie vor am Format der DIN A 4 Seite, die bequem über einen Standarddrucker ausgeworfen wird.

Genau diese formalen Grenzen werden aber durch die technischen Entwicklungen der vergangenen 25 Jahre relativiert. Vor allem die Möglichkeiten des sogenannten WEB2.0 also des transportablen Internets heben die raum-zeitliche Komponente des Schreibens und Lesens gänzlich auf. Das Lesen nahezu jeden Inhalts ist mittlerweile an jedem Ort zu jeder Zeit möglich – begrenzt lediglich durch die Ressource Netzabdeckung. Und beim Schreiben ist noch eine weitere Dimension hinzugekommen: die der örtlich und in einem gewissen Sinne sogar zeitlich unabhängigen Möglichkeit der Koautorenschaft. Plattformen bieten Autorengruppen die gemeinsame Arbeit an Inhalten, dokumentieren unterschiedliche Versionen, erlauben es, die Kerninhalte mit ergänzenden Medien oder geradezu notwendigen Daten anzureichern.

All das erweitert den wissenschaftlichen Kommunikationsprozess enorm, macht Konzepte und Vorgehensweisen transparenter, wie auch verständlicher. Erleichtert aber, das soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, ebenfalls die Möglichkeiten des Kopierens und unredlichen Aneignens von Inhalten und Leistungen anderer. Die geradezu revolutionären Möglichkeiten, die so entstehen, lassen sich im Detail in Michael Nielsens 2012 erschienen Klassiker Reinventing Discovery. The New Era of Networked Science nachlesen. Der Kommunikationsprozess beginnt zu atmen und wird über Angebote des direkten Kommentars zum Gegenstand weitere Kommunikationen, Revisionen und Korrekturen.

Das aber hat nicht mehr viel mit der oben beschrieben Kunst des Buchdrucks zu tun, eben jener Schwarzen Kunst, die sich mittels bester Bindetechniken und hochwertigster Materialen anschickt, Inhalte über die Jahrhunderte fest geordnet und fest gefügt zu bewahren. Diese Kunst ist durch Internet und Digitalisierung nicht obsolet geworden – im Gegenteil – sie lassen sich, zum beidseitigen Nutzen zusammenfügen. Ein wirklich gelungenes Beispiel ist die 2012 vorgelegte Publikation: Enquête sur les modes d’existence. Une anthropologie des Modernes des französischen Anthropologen und Philosophen Bruno Latour.

Das Projekt besteht aus einer umfangreichen, fest gebundenen Monographie (auf Deutsch bei Suhrkamp erscheinen), deren Entstehungsprozess, inklusive Metadaten, Kommentaren, youtube Filmbeiträgen von Diskussionen und Blogforen auf einer eignen Internetpräsenz kontinuierlich dokumentiert wird. Die Inhalte liegen weitgehend auf Deutsch wie Französisch vor, das Ganze ist optisch ebenso übersichtlich wie gelungen erstellt und vermittelt schon auf den ersten Blick den Eindruck einer sehr professionellen Medienproduktion. Natürlich und das ist sicherlich der entscheidende Punkt, ist dieses umfangreiche Projekt nicht umsonst zu haben.

Dank Europa habe ich eine Subvention erhalten, die bedeutend genug ist, um eine Plattform zu schaffen, die es Ihnen nicht nur ermöglichen wird, diesen provisorischen Bericht zu lesen, sondern auch die Untersuchung mittels eines Forschungsdispositive zu erweitern, das Sie auf der Website finden.

Zusammenfassend lässt sich vielleicht folgendes Resümee ziehen: Die sinnvolle und überzeugende Zukunft der digitalen Buchpublikation wird ganz sicher am ehesten in solch hybriden Modellen liegen. Das macht die Sache teurer pro Projekt aber vielleicht führt das zu selektiveren Prozessen und einer strengeren Auswahl, was künftig publizierenswert ist und wo die rein digitale Dokumentation völlig ausreicht.

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